Erste Juli-Woche, Göteborg: Hier findet jährlich das Brennglas des europäischen Jugendhandball statt, wenn der Verein IK Sävehof 1300 Mannschaften aus aller Welt zum Partille-Cup lädt. Und hier ist manches anders als für den Rest des Jahres: Junioren-Nationalspieler messen sich mit Hobby-Handballern, Handballer tragen plötzlich Stollenschuhe, der Untergrund ist keine Halle, Weltstars coachen ihre Söhne oder Geschwister, und Regen wischt auch mal das geliebte Harz weg.
Doch der Reihe nach: Nachdem wir bereits 2019 und 2022 (dazwischen fielen die Turniere wegen Corona aus) beim Partille-Cup waren und auch die bereits vier Lund-Fahrten nach Weihnachten große Freude bereitet haben, entschieden wir uns für eine abermalige Teilnahme am Göteborger Sommerturnier. Zwar war unsere Mannschaft absehbar nicht so leistungsstark wie bei früheren Turnieren, das soll dort jedoch dem Spaß nicht im Wege stehen, da nach der Vorrunde in zwei Leistungsklassen aufgeteilt wird. Und weil die Sommer-Jahreszeit zu weiteren Unternehmungen einlädt, nahmen wir das Wochenende vor dem Turnierstart noch mit und legten ein Kurztrainingslager in Dänemark ein.
Hierbei hatten wir irgendwie das große Los gezogen. Einer unserer Gastspieler bei diesem Turnier, Jonas Ellebaek Poulsen, der ein Auslandsjahr seines dualen Studiums in Schweinfurt verbracht und dadurch Kontakte zur DJK Waldbüttelbrunn aufgebaut hatte, kommt aus Holstebro in Westdänemark. Sein Heimatverein spielt in der ersten dänischen Liga und wie der Zufall so will, ist sein Vater Hausmeister dieser Halle. Er bot uns also an, zwei Tage lang in dieser Arena im Prinzip tun und lassen zu können, was wir wollen. Dieses Angebot nahmen wir gerne an, und dass wir auch noch zu einem äußerst günstigen Preis rund um die Uhr mit Essen versorgt wurden, setzte dem Ganzen die Krone auf. Zu unserem Trainingslager gehörte auch ein Testspiel gegen einen anderen dänischen Verein, bei dem einer der weltbesten Schiedsrichter, Henrik Mortensen, der beispielsweise das European-League-Finale der Männer in diesem Jahr leitete, hatte die Ehre, uns dabei zu pfeifen. Außerdem bekamen wir eine Arena-Führung und durften uns sogar an nagelneuen Klamotten von TTH Holstebro bedienen. Weitere kleine Bonbons waren zum Beispiel ein Wurftraining für unseren Torhüter mit dem Linksaußen der Profimannschaft oder das freie zur-Verfügung-Stehen von Kraftraum und Players‘ Lounge.
Mit Bus und Fähre ging es dann am Montag nach Göteborg weiter, dem Austragungsort des Partille-Cups. Wie oben schon erwähnt ist das Turnier mit 1300 teilnehmenden Teils das größte und sicherlich auch gleichzeitig das leistungsstärkste weltweit. Hier geben sich Teams aus Indien mit den besten und ehrgeizigsten Nachwuchsspielern der Welt die Hand. Untergrund ist Kunstrasen, und man spielt mit Stollenschuhen sowie mit Harz, was zunächst etwas gewöhnungsbedürftig erscheint, aber eigentlich für eine Woche gar keine so große Umstellung ist.
Traditionell ist das Wetter in Göteborg wechselhaft. Mit Regenschauern muss man rechnen – dass es ersten beiden Tage immer ausgerechnet zu unseren Spielern mehr oder weniger stark runterplättern sollte, war natürlich nicht ideal, aber auch da muss man dann eben durch. In unserer Vorrundengruppe bekamen wir es zunächst mit dem HC Silkeborg zu tun, Turnierfavorit und auch späterer -sieger, ausschließlich dänische Erst- und Zweitligaprofis. Wir überraschten sie im ersten Angriff erfolgreich mit einer Ganzfeldmanndeckung gegen alle Spieler, konnten sogar das 1:0 erzielen Nach zehn Minuten stand es 4:7. Dann setzte der Regen ein und bis zum Ende der 30-minütigen Spielzeit schien Silkeborg normalen Handball spielen zu können, während wir irgendwie nicht mehr mit dem Spielgerät zurechtkamen, Endstand 5:24… Das zweite Spiel des Tages war zugleich unser schwächstes Vorrundenspiel: Gegen Kungälv, einem Nachbarverein von Göteborg, deren Männer in der zweiten Liga spielen, hätten wir gewinnen müssen, verloren aber mit zwei Toren. Am nächsten Tag hatten wir nur ein Spiel, gegen Täby aus Stockholm, die wir zum Teil ebenfalls bereits in Lund 2022 bespielt hatten und dort mit einem Tor unterlegen waren. Leider machten sich bei uns spätestens jetzt Verletzungsprobleme bemerkbar, drei Leistungsträger konnten nicht (mehr) eingreifen, wobei nur eine dieser Verletzungen während des Turniers passiert ist, die anderen in den Tagen vor dem Turnier. So endete das Spiel gegen Täby mit acht Toren Unterschied für die Schweden. Am Donnerstag war das Wetter den ganzen Vormittag katastrophal, wir spielten aber zum Glück erst am Nachmittag und hatten somit erstmals bei Trockenheit den Genuss des Handballspiels auf Kunstrasen. Gegen den Titelverteidiger Önnereds HK, mit denen wir im Vorjahr ein gemeinsames Trainingslager gemacht hatten, zeigten wir eine sehr gute Leistung und konnten das Spiel lange offenhalten. In den letzten fünf Minuten gingen uns unter den Blicken einer beinahe vollständigen schwedischen Junioren-Nationalmannschaft von den Rängen leider etwas die Kräfte aus und auch hier verloren wir mit sieben Toren Unterschied. Im letzten Vorrundenspiel trafen wir auf die große Unbekannte, das Team „Himland HC“ aus Indien. Die Gegner aus Südasien ließen sich nur schwer identifizieren, da sie sich nicht aufwärmten und sich erst zwei Minuten vor Spielbeginn umzogen… Und auch ihr Spiel war etwas kurios, denn sie interpretierten ihre Positionen eher wie im Fußball (Sturm, Mittelfeld, Verteidigung) und verzichteten auf das Zurücklaufen. Ihre Gangart in der Abwehr war recht hart, weshalb das Spiel leider nicht so viel Spaß machte wie erhofft, und zusätzlich ließen wir uns ein wenig vom Niveau der Gegner anstecken und konnten „nur“ mit sieben Toren Vorsprung gewinnen. Aber egal, Sieg ist Sieg.
Ab dem Freitag zeigte sich endlich ganztägig die Sonne und wir durften wie erwartet in den B-Playoffs unser Können zeigen. In der ersten Runde ging es gegen Uvaly aus Tschechien, die uns das Leben körperlich sehr schwer machten. Ihre Freude an Gesichtstreffern wurde durch die guten Schiedsrichter zwar konsequent bestraft, über ein Unentschieden kamen wir trotz bester Leistung im Turnier aber leider trotzdem nicht hinaus und verloren unglücklich im Golden Goal. Hat trotzdem Spaß gemacht.
Weitere Highlights des Turniers waren, dass wir den Ausrichter mit zwei Schiedsrichterpaaren unterstützen konnten. Felix und ich pfiffen sogar einmal den Bruder vom Neuzugang des THW Kiel, Elias Ellefsen a Skipagotu von den Färöer-Inseln. Der Superstar gab sich die Ehre und coachte das Team seines Familienmitglieds, im Anschluss durfte sich Felix über einen Pulli von „Hoyvik 71“ freuen. Auch Nikolaj Jacobsen, der dänische Herren-Nationaltrainer und dreimalige Weltmeister, war vor Ort und betreute die Mannschaft seines Sohnes, genau wie Ljubomir Vranjes, früherer schwedischer Welt- und Europameister und aktuell Manager der SG Flensburg-Handewitt. Handball verbindet einfach.
Ob und wann wir wieder nach Schweden fahren, steht aktuell noch in den Polarlichtern. Lust darauf dürfte nach der siebten DJK-Fahrt gen hohen Norden jeder haben. Jeder Partille-Cup ist einzigartig, das hat diese Woche allen mal wieder bewiesen. Wie immer ein einmaliges Erlebnis!